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Erste Hilfe für die Seele

Wenn jemand auf der Straße zusammenbricht, wissen wir, was zu tun ist.
Stabile Seitenlage. Puls prüfen. Beine hochlagern.
Jeder hat das irgendwann gelernt.

Aber wenn jemand innerlich fällt – was dann?
Was tun wir, wenn ein Mensch neben uns in sich zusammensackt,
nicht körperlich, sondern seelisch?


Das Unsichtbare erkennen

Es gibt keine Blutung, kein Schockgesicht, kein Schrei.
Nur dieses leise Wegdriften.
Jemand zieht sich zurück, redet weniger, wirkt seltsam abwesend.
Das Lachen klingt fremd, das Licht in den Augen flackert.

Manche spüren es sofort, andere bemerken es erst,
wenn der Mensch längst nicht mehr erreichbar scheint.
Und oft trauen wir uns dann nicht zu fragen –
aus Angst, etwas Falsches zu sagen.
Aber das Falsche ist meistens: nichts zu sagen.


Erste Hilfe für die Seele

Es gibt sie wirklich, diese Kurse.
Sie heißen Mental Health First Aid – Erste Hilfe für die Seele.
In Deutschland bietet sie das Zentrum für seelische Gesundheit an,
unterstützt von der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie.

Dort lernen Menschen, was sie tun können,
wenn jemand im Freundeskreis oder in der Familie plötzlich nicht mehr kann.
Fünf einfache Schritte, die Leben retten können:
Zuhören.
Einschätzen.
Ermutigen.
Informieren.
Dranbleiben.

Kein Diplom nötig, kein therapeutischer Hintergrund.
Nur Herz. Und ein bisschen Mut.


Was Krisen tun

Psychische Krisen sind kein Zeichen von Schwäche.
Sie sind das Resultat einer Überlastung –
wenn Körper und Seele die Energie verlieren,
die sie zum Überleben brauchen.

Laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung erlebt in Deutschland
jede dritte Person mindestens einmal im Leben eine depressive Phase.
Seit Corona ist die Zahl der jungen Erwachsenen,
die wegen Angst, Überforderung oder Erschöpfung Hilfe suchen,
um fast 40 Prozent gestiegen.

Und trotzdem bleibt das Thema leise.
Weil wir uns schämen, zu sagen: Ich kann nicht mehr.
Weil wir glauben, funktionieren zu müssen –
und weil Hilflosigkeit bei anderen
uns an unsere eigene erinnert.


Wie helfen aussieht

Helfen heißt nicht, die Lösung zu kennen.
Helfen heißt, da zu bleiben,
während jemand anderes versucht, seine Welt zusammenzuhalten.

Es reicht, zu sagen:
„Ich sehe, dass du kämpfst.“
„Ich weiß nicht, was ich sagen soll – aber ich bin hier.“
Oder:
„Lass uns jemanden anrufen, der sich auskennt.“

Helfen ist Zuhören ohne Urteil.
Mitgehen ohne zu ziehen.
Da sein, ohne zu wissen, wann es besser wird.


Die Sache mit der Scham

Noch immer trauen sich viele nicht, offen über Krisen zu sprechen.
Nicht, weil sie keine Worte hätten,
sondern weil sie glauben, sie dürften sie nicht benutzen.
„Depression“ klingt für viele nach Diagnose, nicht nach Mensch.
Dabei steckt in jeder Krise ein Versuch,
mit etwas Unerträglichem zu leben.

Scham ist die Mauer, die zwischen uns steht.
Und manchmal reicht ein Satz, um sie zu durchbrechen.


Fußnote an mich selbst

Ich habe in meinem Leben öfter Erste Hilfe geleistet.
Ich wusste, wo die Wunden waren,
aber nie, wo die Worte hinmüssen.

Heute weiß ich:
Man muss kein Therapeut sein,
um jemandem die Hand zu halten.
Man muss nur bereit sein,
eine Weile neben ihm stehen zu bleiben –
auch wenn es unbequem ist.

Denn nichts zu tun,
ist immer die falsche Entscheidung.


Hilfsangebote (Deutschland)

  • TelefonSeelsorge: 0800 111 0 111 / 0800 111 0 222 (kostenlos, anonym, 24 h)
  • Krisendienst Deutschland: 0800 655 3000 (bundesweit erreichbar, regionale Weiterleitung)
  • MHFA Ersthelfer-Kurse: www.mhfa-ersthelfer.de

Ein Gedankengang nach meinem persönlichen Fall in ein Loch und dem wieder raus kommen

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