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Wie man heute liebt – und warum es trotzdem weh tut

Eine Geschichte über Wischen, Warten und die Sehnsucht nach etwas Echtem.

Content Note:
Dieser Text behandelt Themen wie moderne Beziehungsdynamiken, emotionale Erschöpfung, Einsamkeit und digitale Oberflächlichkeit. Kein Urteil, kein Ratgeber – nur ein Spiegel.


Die Szene

Ein Daumen wischt.
Rechts, links, rechts, links.
Ein Gesicht, ein Satz, ein Gefühl –
für eine Sekunde, dann wieder verschwunden.

So sieht Nähe im Jahr 2025 aus.
Unendliche Auswahl,
und doch fühlt sich alles gleich an.

Ein „It’s a match“,
ein paar Nachrichten,
ein Plan, der nie zustande kommt.
Und irgendwo dazwischen die leise Frage:
„Bin ich noch offen für Nähe – oder schon müde davon?“


Der Gedanke

Dating war einmal Begegnung.
Heute ist es Verwaltung.

Man checkt Verfügbarkeiten,
analysiert Profile,
optimiert Texte.
Man flirtet nicht mehr,
man funktioniert.

Und wenn es nicht klappt,
nennt man es „Dating Burnout“.


Die Stimmen

Petra löscht ihre Apps.
Sie will wieder Menschen sehen, nicht Profile.
Sie sitzt im Café,
nimmt die Kopfhörer raus,
lässt den Blick schweifen –
und merkt, wie schwer es geworden ist,
einfach offen zu sein.

Peter datet weiter.
Er nennt es Selbstexperiment.
150 erste Male,
150 kurze Welten,
150 kleine Spiegel,
in denen er sich selbst besser erkennt –
aber auch leerer fühlt.

Anna tanzt.
Auf echten Tanzflächen,
nicht auf metaphorischen.
Sie sagt, Nähe ist dort ehrlicher,
weil sie nicht geschrieben wird.

Victoria hat keine Geduld mehr
für Männer, die „Therapy Talk“ beherrschen,
aber echte Emotion meiden.
Sie sagt:
„Ich bin nicht hier, um jemandem Heilung zu spielen.“

Roland sagt:
„Online war Kontrolle,
Offline ist Risiko.“
Und beides ist anstrengend.


Das Missverständnis

Wir reden von Liebe,
meinen aber Bestätigung.

Wir reden von Offenheit,
meinen aber Sicherheit.

Wir wollen Tiefe,
aber ohne Fallhöhe.

Und irgendwo dazwischen
verlernen wir, dass echte Nähe keine Filter hat.


Warum ich das schreibe

Weil Liebe kein Algorithmus ist.
Weil kein Chat ersetzt,
was ein Blick sagen kann.
Und weil in einer Welt,
in der alles verfügbar scheint,
das Seltene wieder heilig wird:
jemand, der bleibt.

Vielleicht geht es beim Dating gar nicht um Finden,
sondern um Erkennen – wer man selbst ist,
wenn man nicht mehr sucht.


Sanfte Einladung

Wenn du das nächste Mal jemanden triffst,
sieh nicht zuerst das Potenzial,
sieh den Menschen.

Rede, ohne zu tippen.
Hör zu, ohne zu planen.
Lächle, ohne Absicht.

Manchmal entsteht das Schönste
nicht durch Wischen,
sondern durch Warten.


Fußnote an mich selbst

Liebe braucht kein Profil.
Sie braucht Präsenz.
Und Mut,
nicht perfekt zu wirken –
aber ehrlich.

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