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Wenn Helfen krank macht – und Loslassen die ehrlichste Form von Liebe ist

Es gibt Menschen, die kommen nicht wirklich zu dir.
Sie ziehen ein.
Nicht in dein Haus, sondern in deine Geduld.
Sie richten sich dort ein,
legen ihre Sorgen auf deinen Tisch
und warten, dass du sie trägst.

Anfangs denkst du: Sie brauchen nur ein bisschen Halt.
Du erinnerst dich daran, wie du selbst mal gestrauchelt bist,
wie jemand dir damals die Hand gereicht hat.
Und weil du so erzogen wurdest,
niemanden im Regen stehen zu lassen,
öffnest du die Tür – und dein Herz gleich mit.


Aber irgendwann merkst du,
dass sie die Jacke nie wieder angezogen haben.
Dass sie in deinem Mitleid wohnen,
als wäre es eine Wohnung auf unbestimmte Zeit.

Sie sagen, sie ändern sich.
Morgen.
Nach dem Wochenende.
Wenn’s ihnen besser geht.
Und du willst ihnen glauben.
Weil du an das Gute glaubst.
Weil du in jedem Menschen noch diesen kleinen Funken siehst,
der bloß mehr Licht braucht.


Doch was, wenn sie gar kein Licht wollen?
Was, wenn sie es sich im Schatten gemütlich gemacht haben,
weil Verantwortung unbequem ist?

Sie jammern, statt zu handeln.
Sie reden, statt zu tun.
Sie ziehen dich in Gespräche, die immer gleich enden:
„Ich weiß, du hast recht. Ich mach’s morgen.“

Aber morgen ist ihr Lieblingsalibi.
Und während du wartest,
werden deine Tage enger,
dein Zuhause lauter,
deine Liebe müder.


Es gibt einen Punkt,
an dem Helfen kippt.
An dem aus Mitgefühl Mitleid wird oder Wut,
aus Rücksicht Erschöpfung,
aus Fürsorge Verlust.

Wenn jemand dich nur braucht,
weil du nicht „Nein“ sagen kannst –
dann liebt er nicht dich,
sondern deinen Halt.

Und irgendwann merkst du,
dass du nicht mehr rettest,
sondern mit untergehst.


Manchmal bedeutet Menschlichkeit,
nicht mehr zu helfen.
Nicht, weil du herzlos bist,
sondern weil du verstehst:
Jeder Mensch hat Verantwortung für sich selbst.
Und wer sie nicht annimmt,
nimmt irgendwann dir die Kraft.


Fußnote an mich selbst

Ich will niemanden fallen lassen.
Aber ich darf lernen, nicht jeden aufzufangen.
Manche Menschen brauchen keinen Retter –
sondern den Moment,
in dem keiner mehr ihre Ausreden hält.

Loslassen heißt nicht, aufgeben.
Es heißt, den Raum zurückzuholen,
in dem du selbst wieder atmen kannst.

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