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Wenn Heilung weh tut – und trotzdem beginnt

Wie aus „nicht mehr Opfer sein“ der erste echte Schritt wird.

Content Note: Dieser Text spricht über Enttäuschung, Wut, Trauer und das langsame Heilen. Keine detaillierten Schilderungen, aber klare Worte. Lies achtsam.

Die Szene

Da sitzt ein Mensch am Küchentisch.
Das Handy stumm.
Ein Glas Wasser, das nach nichts schmeckt.

Im Raum: Enttäuschung,
ein Rest Wut,
und diese Leere, die alles schwer macht.

Irgendwann, zwischen Atemzug und Müdigkeit,
kommt kein großer Gedanke,
nur ein kleiner Satz, leise wie ein Haken in der Wand:
„Ich will nicht mehr das Opfer meiner Wunden sein.“
Nicht mehr gesteuert von dem, was war.
Nicht mehr definiert durch das, was andere getan haben.

Das ist kein lautes Mantra.
Es ist der Moment, in dem Heilung wirklich anfängt.

Was Heilung nicht ist

Heilung ist nicht: zwei gute Tage und alles ist vorbei.
Nicht linear. Nicht sauber. Nicht Instagram.

Heilung ist ein Auf und Ab.
Zwei Schritte nach vorn, einer zurück.
Manchmal gar keiner, nur Aushalten.

Und ja: Sie tut weh.
Wie ein Arm, der schief zusammengewachsen ist
und noch einmal gebrochen werden muss,
damit er wieder trägt.

Womit Heilung beginnt

Nicht mit Härte.
Sondern mit Zulassen.

  • Zulassen, dass es weh getan hat.
  • Zulassen, dass Wut da ist, ohne sie an anderen abzuladen.
  • Zulassen, dass Trauer bleibt, bis sie genug geweint hat.

Stärke ist nicht: nichts fühlen.
Stärke ist: fühlen, ohne unterzugehen.

Was gehen darf

Menschen, die nur den Schmerz füttern.
Beziehungen, die Wunden „brauchen“, um Nähe zu spüren.
Rollen, in denen man still leidet,
damit das Umfeld bequem bleibt.

Manchmal heißt Heilung:
Phasen der Alleinzeit,
um zu merken, was in einem selbst leiser wird
und was nur noch Lärm ist.

Was bleiben darf

  • Kleine Routinen, die nichts beweisen müssen: trinken, atmen, gehen.
  • Langsame Tage, in denen gar nichts „produziert“ wird.
  • Ein Satz, der trägt: „Ich darf heute nur heilen.“

Und Menschen, die nicht groß reden,
sondern da sind,
ohne den Schmerz zu kommentieren.

Drei leise Werkzeuge (alltagstauglich)

1) 60-Sekunden-Boden
Beide Füße flach. Schultern sinken lassen.
Vier Zählzeiten einatmen, sechs ausatmen.
Nur fühlen, wie der Stuhl trägt.

2) Schuldwelle benennen
Wenn der Kopf ruft: „Du bist zu schwach“ –
antwortet der Körper: „Das ist eine Welle, kein Urteil.“
Notiere einen Gegenbeweis: „Heute gespürt. Nicht geflohen.“

3) Das Glas-Prinzip
Stell dir deine Geschichte wie ein Glas vor,
das in Scherben liegt.
Manche Stücke finden sofort ihren Platz.
Andere brauchen länger.
Nicht drängen. Nur täglich ein Teil.

Was zurückkommt

Nicht sofort Leichtigkeit.
Zuerst: Selbstachtung.
Dann: Ruhe in kleinen Momenten.
Später: ein Blick in den Spiegel,
der nicht mehr fragt, „Was haben sie dir angetan?“
sondern leise sagt: „Schau, wie weit du gekommen bist.“

Sanfte Einladung

Heute keine großen Vorsätze.
Nur dies:

  • Einen fühlbaren Moment nicht wegdrücken.
  • Einen Menschen nicht überzeugen müssen.
  • Ein Stück deines Glases aufheben.

Wenn es reicht, ist es genug.


Hinweis: Dieser Blog ersetzt keine Therapie.
In akuter Not: 112.
TelefonSeelsorge (24/7, anonym): 0800 111 0 111 / 0800 111 0 222.
Für Kinder & Jugendliche: Nummer gegen Kummer 116 111 (Mo–Sa).

Fußnote an mich selbst
Heilung ist kein Beweisstück.
Sie ist der stille Entschluss,
mich nicht länger von alten Wunden führen zu lassen.
Heute setze ich ein Teil ein.
Morgen hält das Glas ein bisschen mehr.

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